Bochum, Querenburg

Buscheystraße 52, 1971 bis 1974: Die Original-Querenburger wählten damals zu über 80% sozialdemokratisch. Am Rande dieser demontierten Arbeiter-Monokultur entstand die Ruhr-Universität, Europas größte Nachkriegsuniversität, eine Wissensmaschine. Wir hatten noch täglich den Baustellenmatsch an den Füßen. Im Vorraum der Mensa, so groß wie ein Eishockeystadion, lagen "Import-LPs" auf dem Boden: Sugar Cane Harris oder Jean Luc Ponty für schlappe 14 Mark. In einer ehemaligen Arztvilla, dem Abriss geweiht wie der ganze Stadtteil, lebten wir als eine Art Kommune. Ich studierte hart, absolvierte ein halbes dutzend Vordiplom-Prüfungen im "Flachbereich Ost", dem Betonpalast der Psychologen.

Irgendein "revolutionäres" Pamphlet musste immer gedruckt und verteilt werden. Im dritten Semester schrieb (und gestaltete) ich einen Ratgeber für Erstsemester. Eine dringende Warnung vor der "bürgerlichen Psychologie". Neben meinen Pflichtveranstaltungen, von denen ich keine versäumte, hörte ich philosophische Vorlesungen von Leo Kofler, der, wie Bloch, aus der DDR rausflogen war. Der Hörsaal war jedesmal brechend voll. Was er mit Dialektik meinte, hab ich erst viel später verstanden. Aber nun war ich unfähig, Dinge in Schubladen zu packen.