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Winsen an der Aller, Lüneburger Heide

Poststraße 10: Das Dorf Winsen hatte eine Poststation und gegenüber den Gasthof Zur Post, in dessen Tanzsaal das Kino einzog. Da gab es für 70 Pfennig große Träume. Hinter den Ställen, die als Fußballtor dienten, reichten die Felder und Kiefernwälder bis zum Horizont. Mit 3 war ich "Kelbassa", der gefährliche Torschütze. Wir spielten auf Gras und Sand, der sich bei Regen in eine wilde Flusslandschaft verwandelte. Es gab anfangs keine Kanalisation und kein "fließend Wasser". Dafür die totale Bewegungsfreiheit und einen Bolzplatz an jedem Dorfende.

Mein sandiges Paradies lag 7 Jahre und 7 Kilometer von der Hölle entfernt. Das nächste Dorf, auf der Poststraße immer geradeaus, hieß Belsen. Zur KZ-Gedenkstätte haben wir Sonntagsausflüge gemacht. Dass Anne Frank auf dem Todesmarsch an unserem Haus vorbeikam, habe ich erst viel später erfahren. An derselben Straße lag auch die "Volksschule". Meine Klassenlehrerin hatte ihre Reformideen aus den Zwanzigerjahren herübergerettet. Humus für mein keimendes Sprachgefühl. Genau wie die Wärme und der Wortwitz meiner Großmutter Hilde.

An Papier zum Malen, Zeichnen und Schreiben bestand nie Mangel. Mein Großvater, SPD-bewegt und Buchhalter, brachte es stapelweise mit. Und dann waren da noch die Andrucke der Farbenfabrik, in der meine Mutter arbeitete. Kalendermotive in unterschiedlichen Drucktechniken. Sie wurden zum Material meiner ersten Collagen.