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Braun

Wie macht man ein Standardwerk?

Durch umfassende Durchdringung desThemas! Erwin Braun, der Spiritus rector des sogenannten Braun-Designs, war ein Swingheini. Es war eine Kulturwende. Und die hat mehr mit Stalingrad zu tun als mit Design. Frankfurt, Brauns's Stammsitz, war nach 1945 das Hauptquartier der US-Army. Da spielten alle Jazzgrößen. Die heutige Heiligenverehrung von Dieter Rams ist dagegen ein schlechter Witz.

Für mein Braun-Buch, das ich mit dem Grafiker Olaf Meyer in meinem Büro produzieren durfte, wurden rund 800 Produkte neu fotografiert. Sehr schönes Bildmaterial. Ich habe etwa ein dutzend Designer interviewt, alle zum ersten mal. Wir haben nämlch nicht nur versucht, den kulturellen Rahmen abzustecken, sondern auch die Feinstrkturen der Gestaltungsentwicklung. Wieso waren auf einmal alle Hifi-Anlagen swchwarz? Lag das tatsächlich am Braun-Sixtant? Und wie kam es, dass Braun die Hart-Weich-Technik angestoßen hat, die uns heute überall umgibt?

Als ihm der Erfolg über den Kopf wuchs, hat Erwin Braun versucht, seine Firma an einen deutschen Konzern zu verkaufen, aber nur einen amerikanischen gefunden. Der Anfang vom Ende. Heute gehört ein Teil der Firma zu Procter & Gamble, der andere zu De Longhi. Wie konnte es zu diesem Absturz kommen, der sich bereits in der Ära Rams ankündigte?

Bernd Polster, Braun. 50 Jahre Produktinnovation, Köln 2005 (die englischsprachige Ausgabe erschien 2011)