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Und kann man darauf auch sitzen?

Die erste und einzige Designsatire ist auch eine geschickt verkappte Designgeschichte.

Die Gemeinde der Designer ist eine schrecklich unterdrückte Kaste. Sie werden von ruchlosen Kapitalisten täglich über den Designertisch gezogen und Architekten schauen schnöde von hohen Dächern auf sie herab. Da war es allerhöchste Eisenbahn, die Ärmsten mal ins rechte Licht zu rücken. Wer dieses Buch liest, der buchstabiert das Wort D-E-S-I-G-N demnächst neu. Obwohl es sich - auch das wird bewiesen - um das älteste Gewerbe der Welt handelt. Aufgrund jahrzehntelanger leidvoller Erfahrung, die schließlich zu akutem formweh führte, werden hier mit scharfer Machete Breschen in den Design-Dschungel geschlagen, in dem ansonsten kaum noch einer durchblickt.

Es gibt auch eine hübsche Stilkommode, in die man bequem alles ablegen kann, im Zweifelsfall auch die Designersocken. Es ist das ultimative System der Designschulen, von Historismus über Schwellinismus bis Piepegalismus. Auf einem Umweg durch wichtigtuerische Designländer kommt es zu umwerfenden Aus- und Einsichten: Wer hätte etwa je gedachtm, dass schwedisches Design von einem Österreicher und amerikanisches Design von einem Franzosen erfunden wurde. Und dass es deutsches Design ohnehin aus ganz bestimmten Gründen, die wir schon ahnen, gar nicht geben kann.

"Der Autor, Meister der witzig spitzen Polemik, bürstet die allgegenwärtige Design-Ehrfurcht radikal gegen den Strich. Seine Kennerschaft ermöglicht dem Leser Ein- und Ausblicke, die der allgemeinen publizistischen Design-Verehrung entgehen", meint Bettina Scheurer im EKZ-Bibliotheksservice. Und die müsste es ja eigentlich wissen.

Bernd Polster: Und kann man darauf auch Sitzen? Wie Design funktioniert, Köln 2011. 254 Seiten, 13 x 21 cm, flexibler Umschlag. Das Buch wurde im büro formweh produziert und wird vom Dumont-Verlag vertrieben. Ach ja, das hätte ich fast vergessen: Für die Gestaltung dieses Werkes wurde ich 2015 für den Bundespreis Design nominiert. Welche Ehre ..